Soziales – Löhne:
Ein Vergleich mit den im zweiten Libell 1563 festgesetzten Löhnen lässt erkennen, dass der Tagesverdienst der qualifizierten Bergarbeiter ziemlich unverändert geblieben ist, während der der Taglöhner und sonstigen Hilfsarbeiter um etwa 50% erhöht wurde. Es lässt sich erkennen, dass die Regierung unter dem Druck der wirtschaftlichen Not zumindest die Löhne der unteren Klassen aufbessern musste, um sie lebens- und arbeitsfähig zu erhalten. Die Entlohnung der Salzarbeiter war aber noch immer recht kärglich.
Die Erwerbsverhältnisse im übrigen Oberösterreich waren bedeutend günstiger. Ein Geselle und ein Taglöhner verdienten um gut 50% mehr als ein Salzarbeiter.
Man darf dabei nicht übersehen, dass die Salzarbeiter neben dem Lohn noch viele Vergünstigungen genossen, die man außerhalb des Kammergutes nicht kannte. Sie waren vom Militärdienst und von militärischen Einquartierungen befreit, zahlten keine Steuern und Umlagen, falls sie nicht Eigenbesitzer waren, sie hatten die unentgeltliche ärztliche Behandlung im Krankheitsfalle und eine ständige Versorgung im Alter.
Die Bedarfsdeckung an Brotgetreide gehörte zu den wichtigsten Aufgaben des Salzamtes, das in Zeiten der Teuerung ermächtigt war, es den Angehörigen unter dem Selbstkostenpreis abzugeben. Die Vieherzeugung eines ganzen Bezirkes, der Hofmark mit der Viechtau, diente ausschließlich der Fleischversorgung des Kammergutes, die Fleischpreise wurden jeweils behördlich festgesetzt und die Fleischhauer durch Hilfsgelder unterstützt, so dass sie diese Preise auch in teuren Zeiten zu halten vermochten.
Die Salzarbeiter brauchten sich um die Zukunft ihrer Söhne nicht zu sorgen, noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fand jeder arbeitsfähige Kammergütler entsprechenden Verdienst.
Die gering entlohnten Bergarbeiter verfuhren häufig auch nur kurze Schichtzeiten und hatten so die Gelegenheit, sich einen Nebenverdienst zu beschaffen. Durch die Belehnung von Infängen (Randparzellen) und die Zuweisung von Nutzholz förderte die Regierung die Entstehung eines ausgedehnten Kleingrundbesitzes. Der Brennholzbezug war für alle Bediensteten frei.
Die Bergarbeiter in Ischl waren wesentlich besser entlohnt wie jene in Hallstatt, ihre wirtschaftliche Lage war daher günstiger. Welche Gründe für die ungleiche Behandlung der beiden Betriebe vorlagen, war aus dem benützten Urkundenmateriale leider nicht zu entnehmen. Dieser Unterschied ist umso auffallender, als die übrigen Bestimmungen der Bergwesensordnung für beide Salzberge dieselben sind.
Um 1690 hatten die Verwesämter in Hallstatt, Ischl und Ebensee einen übermäßig hohen Mannschaftsstand. Sie nahmen nicht nur viel zu junge Arbeiter im Alter von 12 bis 15 Jahren auf, sondern auch zugewanderte, landfremde Arbeiter. Im Kammergut suchte eben alles im kaiserlichen Dienst unterzukommen.
Das Salzamt machte keine Schwierigkeiten, im Gegenteil, dessen Anträge über Provisionen, Gnadengelder, Almosen, Arztlöhne, Erziehungsbeiträge, u. s. f. waren „saumselig, leicht und unbegründet, nach Lust und Laune verfasst“. Provisionen wurden beantragt für Personen, die kein Recht darauf hatten. Anstatt Bitten glattweg abzulehnen, wurden die Parteien von den Beamten darin sogar unterstützt. Die Beamten verfassten die Eingaben für Provisionen selbst und erwarben so ein ansehnliches Nebeneinkommen.
Unnatürlich hoch war auch der Stand an Altersrentnern, weil die Arbeiter sich vorzeitig provisionieren ließen, um für ihre Söhne Platz zu schaffen oder die dann frei gewordene Stelle einem Dritten käuflich abzutreten.
Am Ausgang des 17. Jahrhunderts stand es um die Staatsfinanzen besonders schlecht, das Schuldenmachen wurde zur Regel. Um die Geldbedürfnisse des Reiches zu befriedigen, reichten die Einnahmen aus den Steuereingängen bei weitem nicht mehr, selbst für den Betrieb der Salzwerke im Kammergut fehlten bisweilen die nötigen Barmittel. Das Schuldenmachen war in Österreich zur Gepflogenheit geworden, um über augenblickliche Geldknappheiten hinweg zu kommen.
Die Arbeiter bezogen ihren Lohn am Wochenende und das Salzamt hatte keine größere Sorge, als den Verwesämtern die nötigen Barmittel für den Zahltag zu übersenden. Nur gelang ihm dies nicht immer, manches Mal mussten die Leute am Samstag mit leeren Händen heimkehren, weil von Gmunden kein Geld gekommen war.
1693 ging ein Notschrei der Kammergutarbeiter an die Hofkammer um Getreide; in Ebensee, Ischl und Hallstatt herrschten Hunger und die Ruhr, die Pfannen konnten nicht mehr betrieben werden, die Münzverschlechterung hatte das Geld entwertet.
Mehr noch wie die kaiserlichen Arbeiter litten die im Fertigerdienst stehenden Kufer, Schiffwerker und Stadlinger (Schiffsleute). In einer zu Ischl verfassten Bittschrift klagten diese, dass sie nichts mehr am Leibe und nichts zu essen hätten, in Laufen wären schon einige an Hunger gestorben und die übrigen dran, mit Weib und Kind auszuwandern und betteln zu gehen. Auch die Fertiger waren verarmt und konnten ihnen den Lohn nicht mehr auszahlen.
Das Jahr 1696 war für das Salzamt eines der traurigsten in seiner wechselvollen Geschichte. Das Hofkriegszahlamt nahm alle seine Eingänge für sich in Anspruch.
Die Geldknappheit war auch deshalb so arg, weil der Salzabsatz infolge der rasch aufeinanderfolgenden Preissteigerungen zugunsten des Schmuggels merklich zurückging. Der Salzamtmann musste fremdes Geld auftreiben, das unter 6 Prozent Zinsen nicht mehr zu bekommen war, um die Getreidelieferungen in das Kammergut sichern zu können.
Die Finanzkrise dauerte noch bis 1703 an; man befürchtete den Staatsbankrott und den Verlust von Treu und Glauben beim Volke. Alle verfügbaren Mittel waren zur Erhaltung des Reiches und des Heeres notwendig und doch durfte die Zahlung der Zinsen des Salzamtes nicht unterlassen werden. Der Kaiser selbst drängte das Salzamt Geld nach Gmunden zu schicken, damit das Gmundner Amt die Zinsen bezahlen und die Arbeiter entlohnen könne.
In der Absicht, die für die Salzarbeit nötige Bevölkerung im Kammergut zu vermehren, hatten die Landesfürsten die Gründung von Familien durch Zuweisung von Lehensgrund, die Beihilfe zum Hausbau und die Gewährung eines Heiratsgutes begünstigt.
Zu Ende des 17. Jahrhunderts war dieses Ziel nicht bloß erreicht, sondern auch überschritten, das Arbeiterangebot war größer geworden als der Bedarf. Das Heiraten wurde den jungen Leuten nicht mehr so leicht gemacht und bedurfte der Zustimmung des Salzamtmannes; dieser hatte die Verehelichung nur dem einen oder anderen „embsigen und nahrsamben“ Arbeiter zu gestatten. Die Zuteilung von Infängen (Randparzellen) wurde eingestellt, und der Bau neuer Wohn- und Wirtschaftsgebäude erschwert, weil man weitere Familiengründungen nicht mehr besonders wünschte und zudem allen Grund hatte, den Nutzholzverbrauch einzuschränken und die Wälder zu schonen.
Ab 1709 wurde der Bau von Arbeiterwohnhäusern nur unter der Bedingung bewilligt, dass sie in Mauerung ausgeführt werden und das nötige Holz nicht aus kaiserlichen Wäldern stamme.
Eine 1733 angeordnete Hauptvisitation des Salzamtes unter der Leitung von Graf Starhemberg sollte diesen Missständen nachgehen und sie beseitigen.
Dabei wurde die Wahrnehmung gemacht, „dass fast die ganze Volksmenge dort sich darauf versteift und antrage, gleichsam alle ex ärario ernannt werden müssten, weil die jungen und beiderlei Geschlechts Leute in keinen privaten Dienst mehr gehen, weder Handwerk lernen, wohl aber frühzeitig heiraten wollen. Statt derselben lauter auswärtige Dienstboten gehalten und viel fremdes Volk hineingezüchtet und also das Kammergut überbevölkert worden.“
Dem Salzamt wurde aufgetragen, die jungen Leute zu anderen als den Salzarbeiten anzuhalten, die zugewanderten Fremden aus dem Lande zu entfernen, das Heiraten einzuschränken und störrige Elemente zu den Soldaten zu geben.
Die Ernennung von Johann Georg Freiherr von Sternbach zum Salzamtmann 1743 war der Beginn einer neuen Epoche. Sternbach griff mit fester Hand in die Verwaltung des Salzamtes ein. Die größte und schwierigste Aufgabe war die Verringerung des übermäßig angeschwollenen Arbeiterstandes auf das wirtschaftlich gerechtfertigte Ausmaß. Bisher waren alle Weisungen und Aufträge der Hofstellen fruchtlos geblieben, weil die Amtleute wussten, welche gewaltigen Widerstände sie damit entfesseln würden und weder den Mut noch den Willen besaßen, den unvermeidlichen Kampf aufzunehmen
Die Arbeiter, durch das Vorgehen des Salzamtmannes beunruhigt, sandten Abordnungen nach Wien, um den drohenden Abbau zu verhindern, fanden aber wenig entgegenkommen.
Entlassene Arbeiter, die wegen ihres Alters oder ihrer Familie weder fortziehen noch sich sonst wo einen Verdienst verschaffen konnten, erhielten Unterhaltsbeiträge. Die ledigen, für die Salz- oder Holzarbeit nicht brauchbaren und entbehrlichen Burschen kamen zum Militär. Die Rekrutierung von Bewohnern des Salzkammergutes verstieß gegen die uralte Satzung, dass diese von jeder Dienstleistung befreit sein sollten.
Der Ernst, mit welchem die Entlassungen und sonstigen Sparmaßnahmen zur Durchführung gelangten, rief den heftigsten Widerstand der Arbeiter hervor. In Ebensee kam es deshalb zu Tumulten. Beamte wurden tätlich angegriffen und verletzt. Ischler Forstarbeiter suchten durch einen Streik ihre alten Rechte wieder zu erlangen.
Um den Maßnahmen Sternbachs den nötigen Nachdruck zu verleihen, wurden 300 Mann Infanterie nebst 30 Mann zu Pferd unter dem Kommando eines Wachtmeisters nach Gmunden geschickt.
Die Bewegung war deshalb gefährlich geworden, weil ein Großteil der höheren Beamten, denen das scharfe Vorgehen Sternbachs missfiel, auf der Seite der Arbeiter stand und diesen Vorschub leistete. Die bürgerlichen Kreise hingegen, darunter insbesondere die Salzfertiger, waren über die Arbeiterunruhen besorgt, weil sie eine Störung ihrer Gewerbe befürchteten und sie nicht wissen konnten, welchen Umfang der Aufruhr noch annehmen würde.
Eine aufgestellte Untersuchungskommission drang energisch auf die unveränderte Fortsetzung der von Sternbach eingeführten und von der Regierung genehmigten Maßnahmen und ging gegen alle, die sich derselben widersetzten, mit größter Strenge vor. Die meisten Teilnehmer am Aufstand zeigten sich rasch reumütig und eine Wiederholung der Unruhen war nicht zu befürchten. Beschwerdeführende Beamte wurden von der Untersuchungskommission ohne Beiziehung des Salzamtmannes vernommen. Deren Urteil war für die Beschwerdeführer vernichtend. Die Kommission fand alle Einwendungen ausnahmslos unbegründet, unrichtig, frech und derart, dass die Unkenntnis und Fahrlässigkeit der Anzeiger erwiesen und man von ihrer Renitenz vollkommen überzeugt sei. Mit diesem Gutachten war das Schicksal der Beschwerdeführer entschieden, sie wurden aus dem Dienst entlassen.
Nach der Niederschlagung des Arbeiteraufstandes und der Entfernung seiner gefährlichsten Gegner konnte Sternbach ab 1744 sein Reformwerk ungestört fortsetzen und festigen.
Bis 1753 fand die Lohnauszahlung der Salzarbeiter regelmäßig an Samstagen nach der Wochenraitung (Wochenabrechnung) statt. Salzamtmann Sternbach führte 1753 zur Einsparung von Schreib- und Kanzleiarbeit die vierwöchige Lohnauszahlung ein und gab den Arbeitern in der Zwischenzeit Amtszettel, mit welche sie von den Müllern und anderen Gewerbsleuten auf Borg einkaufen konnten. Die Arbeiter, deren Wirtschaft seit jeher auf Wochenzahlung eingestellt war, wehrten sich und brachten die anwesende Untersuchungskommission dazu, die Sternbach‘ sche Verordnung rasch wieder zurückzunehmen.
Je näher es der Jahrhundertwende zuging, desto größer wurde die Not im Kammergut und umso unzufriedener die Arbeiterschaft, deren Löhne seit 80 Jahren fast unverändert geblieben waren.
Eine von den Wortführern der Hallstätter Arbeiterschaft 1797 verfasste und der Hofkommission in Gmunden überreichte Gedenkschrift war im Ton äußerst scharf gehalten und brachte die Gärung unter der Arbeiterschaft offen zum Ausdruck. Von den aus Frankreich herkommenden revolutionären Ideen erfüllt äußerste sich der Bergzimmerknecht Josef Pfandl als der Sprecher der Deputation beim Grafen Aichold gegenüber, „es werde hier zu Lande ebenso werden wie in Frankreich und es gehe in Wien schon so zu, dass kein Bürger auf seine Majestät mehr aufmerke“. Die Kommission, über die Sprache Pfandls empört, erklärte die Verfasser der Verleumdung und des versuchten Aufruhrs schuldig und übergab sie den Gerichten zur Aburteilung. Pfandl saß 388 Tage im Gefängnis in Ort bei Gmunden, bis ihm die Flucht gelang. Er irrte dann unstet im Auslande herum und richtete im November 1800 ein Gesuch nach Wien um die Erlaubnis, nach Hause reisen zu dürfen. Über Antrag der Hofkammer, welche wusste, dass die gesamte Arbeiterschaft sich für ihn einsetzte, gab der Kaiser seiner Bitte folge.
Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts ist die Besoldung der Beamten nur teilweise und nicht wesentlich erhöht worden. Die geringen Lohnerhöhungen haben zusätzlich durch die Einführung des Papiergeldes neben der metallischen Währung dauerhaft an Wert verloren. 1761 wurden Bankozettel als Papiergeld erstmals in Umlauf gesetzt. Die Bevölkerung hatte keine Freude daran.
Zwischen 1808 und 1810 verfiel die Papierwährung stark. Dadurch wurde die Not des Personales immer größer.
In den Jahren 1808 und 1809 druckte die Notenpresse immer mehr Papiergeld, 1810 hatte dieses das Bargeld schon fast völlig verdrängt. Am 11. Dezember 1810 stellte Österreich die Barzahlungen gänzlich ein, die Bankozettel wurden eingezogen und durch Einlösescheine ersetzt, die jedoch nur mehr 1/5 des bisherigen Nennwertes besaßen. 1816 endlich begann mit der Errichtung der Nationalbank der Neuaufbau der österreichischen Geldwirtschaft. Dies war alleine berechtigt, Banknoten auszugeben, und verpflichtet, das laufende Scheingeld einzulösen.
Die Bezahlung der Bergarbeiter war, vor allem wegen der Geldentwertung, alles andere als gut. Die Bewirtschaftung ihrer kleinen Güter war deshalb eine Notwendigkeit, um sich mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln versorgen zu können. Andererseits bot die Beschäftigung im Berg ein Grundeinkommen, das die Bergknappen Krisenzeiten leichter überstehen ließ als andere – agrarische oder nichtagrarische – Berufsgruppen, die von Preisschwankungen oder Missernten oft in ihrer Existenz bedroht waren. Dieses System der „sicheren Armut“ war es auch, welches die Arbeit im Salzbergbau so beliebt machte.
Der Kampf Österreichs gegen Napoleon erforderte die äußerste Anspannung aller Kräfte und verdrängte alle anderen Rücksichten. Das kaiserliche Patent vom 25. Oktober 1804 gestand die Befreiung vom Militärdienste nur mehr den Führungskräften und den vorzüglichsten Arbeitern im Bergbau zu.
Das Salzamt hätte bei der strengen Anwendung dieser Vorschrift alle Betriebe einstellen müssen, die der Salzversorgung des Reiches wegen nicht unterbrochen werden durften. Das Salzamt und die Verwesämter waren unausgesetzt bemüht, ihre Leute von der Assentierung (Einberufung) frei zu bekommen, die vom Hofkriegsrat belehrte Rekrutierungskommission machte jedoch für das Kammergut keine Ausnahme und berief im Juli 1805 aus dem Kammergut 183 Mann zur Stellung ein. Nach Einspruch des Salzamtes hielt die Rekrutierungskommission aus dem Kammergut bloß 41 Mann zurück.
Die Zeit der französischen Herrschaft von 1809 an war für die Salzwirtschaft geradezu katastrophal. Die Einnahmen aus dem Salzverkauf im Lande flossen in die Kassen der feindlichen Intendantur, das Salzamt konnte daher weder die Löhne der Salzarbeiter bezahlen, noch die zu ihrer Ernährung nötigen Lebensmittel beschaffen.
Während der Sommermonate 1809 warteten die Hallstätter Arbeiter sieben Wochen auf den Lohn. Ihrer hundert zogen vor das Amtshaus in Lahn und drohten, sich das Salz aus den Magazinen als Bezahlung zu nehmen, wenn nicht bald Hilfe käme.
Insgesamt dürften um 1820 etwa 5.000 Arbeiter im Salzwesen beschäftigt worden sein. Dieser Stand wurde schon im Jahre 1825 um 1.058 Mann vermindert. 1832 dienten im Salzwesen nur mehr 3.858 Mann, davon in Ischl 741 Mann. 1851 setzte das Ministerium den Höchststand der stabilen Arbeiter mit 3.739 Mann fest.
Die Not der vielen entlassenen Arbeiter war groß, ihr Drang, wieder in den Dienst des Salzamtes aufgenommen zu werden, daher begreiflich. Die Ämter hatten unter dem Ansturm der Arbeitssuchenden viel zu leiden und es schwer, immer die richtige Auswahl zu treffen.
Ein Arbeiter bezog 1820 neben einem Schichtlohn von 45 Kreuzer noch das Hofkorn und Schmalz gegen Vergütung des alten Limitopreises (Einkaufspreises).
Die Verwesämter waren ab 1829 genötigt, um bei größeren Krankenständen, militärischen Einberufungen oder vorübergehenden Mehrbeanspruchungen, etwa durch Bauausführungen, den Betrieb störungsfrei fortführen zu können, über den Normalstand der ständigen Arbeiter hinaus unständige Intermalarbeiter (Zeitarbeiter) aufzunehmen.
Die Verhandlungen mit dem Oberamt führten zu einer Trennung der Arbeiter in drei Gruppen:
1. In stabile Arbeiter mit Provisionsberechtigung und Proviantgenuss („vollständige Arbeiter“).
2. In stabile und provisionsberechtigte Arbeiter ohne Proviantgenuss („unvollständige Arbeiter“).
3. In unständige Arbeiter ohne Anspruch auf Provision und Proviant („Intermalarbeiter“).
Der Winter 1847 steigerte die Not der Arbeiter ins Unerträgliche. Die Leute verkauften ihr Vieh, verschuldeten sich, erhielten von den Müllern kein Mehl mehr im Vorhinein, kamen von Kräften und hatten nicht mehr genug, um sich zu kleiden.
Die Hofkammer nahm im Jänner 1848 die Ausarbeitung eines neuen Lohnsystems in Angriff, das den Arbeitern eine wesentliche Verbesserung ihres Einkommens bringen sollte.
Die Arbeiter waren seit jeher gewohnt, am Schluss jeder Woche ihren Lohn nach Hause zu bringen. Im Jahre 1823 wollte die Hofkammer zur Ersparung der vielen Schreibarbeit die monatliche Auszahlung einführen, gab sich aber wegen dem großen Widerstand der Arbeiterschaft geschlagen und blieb schließlich bei der vierzehntägigen Zahlung.
1848 wurde der alte Wunsch der Arbeiterschaft nach Wiedereinführung der Wochenzahlung erfüllt.
Für die Auszahlung der Löhne war es üblich, dass der mit der Verfassung der Lohnliste betraute Büchelschreiber das nötige Geld von der Kasse behob und die Meister die Auszahlung vornahmen. Doch durfte kein Meister sein eigenes Personal auszahlen. Um vor Betrügereien bei der Schichtenrechnung sicher zu sein, übertrug die Hofkammer 1824 dieses Geschäft den Kassabeamten.
Die Hofkammer setzte 1848 die 48 Stundenwoche für alle Grubenarbeiter gleichmäßig fest und wollte sie in sechs achtstündige Schichten zerlegen. Sie fand dabei aber nur die Zustimmung der Ausseer Bergleute, während die in Hallstatt und Ischl auf der sechsstündigen Grubenschicht beharrten, die ihnen schon im Jahre 1771 bewilligt worden war. Die Bergarbeit dauerte von Montag bis Freitag, so dass der Samstag zur Besorgung der häuslichen Wirtschaft frei blieb.
Brauchte das Amt Knechte, so förderte es das Heiraten durch Zuwendung von Heiratsgeld, Überlassung von Infängen und die kostenlose Abgabe von Holz zum Hausbau. Waren dann die Früchte der Wirtschaftspolitik herangereift und der Arbeitssuchenden zu viele geworden, so schränkte das Oberamt das Heiraten wieder ein und versagte den Arbeitern die nötigen Heiratsbewilligungen. Die Reformen Maria Theresias hatten dem Salzamt die Möglichkeit genommen, auf gesetzlichem Wege Heiratsverbote erlassen zu können.
Hofrat Schiller war vor die harte und schwierige Aufgabe gestellt, nicht bloß den überhöhten Mannschaftsstand dem wirklichen Bedarf wieder anzupassen, sondern auch mit den bisher wahllos erteilten Heiratsbewilligungen strenger vorzugehen. Trotz der gesetzlichen Ehefreiheit verfügte das Oberamt immer noch über wirksame Mittel genug, um die jüngeren Arbeiter vom Heiraten abzuhalten. Es lag in der Macht des Salzamtes, neue Ehebewilligungen an den Verzicht auf das Familienkorn zu binden. Das Oberamt versagte vom Jahre 1830 an die Ehebewilligung allen Arbeitern, die noch nicht provisionsfähig waren, das achte Dienstjahr daher noch nicht abgeleistet hatten. Außerdem gestand es ihnen den Bezug des Familienkorns nicht mehr zu.
Diese Maßnahmen, besonders aber der Verlust des Familienkorns, hielten die jungen Leute vom frühen Heiraten ab, die Zahl der Heiratsgesuche war 1843 schon stark zurückgegangen.
Ein im Dezember 1848 erlassenes Dekret des Kaisers verfügte Nachsicht über bisher noch nicht vollzogene Strafen und die Einstellung von Untersuchungen. Weiters wurde die Wiedereinführung des Familienkorns, die Herabsetzung der Weidezinse auf die Hälfte, die Ermäßigung des Holzpreises für Bedürftige und die Aufhebung der Jubilantenarbeit.
Durch diese Zugeständnisse der Regierung konnten die Arbeiter befriedigt und beruhigt werden. Zu einer wirklichen Aufstandsbewegung war es im Kammergut nicht gekommen, die Besorgnis vor einer solchen veranlasste die Ämter aber doch, einige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Die Saline Ebensee hatte für kurze Zeit eine Feuerwache aufgestellt. In Ischl hatte eine Abteilung der Nationalgarde Stellung bezogen. Im Oktober 1848 ersuchte der Verwaltungsrat der Nationalgarde wegen des Mangels an Feuerwaffen das Oberamt um die Anfertigung von 120 Piken und um einen Beitrag zur Uniformierung der unbemittelten Garden aus dem Arbeiterstand. Gegen die Herstellung von Piken in der Ebenseer Hofschmiede hatte die Regierung nichts einzuwenden, die Saline lieferte der Nationalgarde tatsächlich 60 Piken. Aber den Uniformierungsauslagen versagte sie die Zustimmung, die Arbeiter sollten dazu auf das Bruderladenvermögen zurückgreifen.
Die lange Kriegszeit mit ihren unersättlichen Anforderungen an waffenfähige Mannschaft hatte das alte Vorrecht der Salzarbeiter beseitigt, sie waren gleichfalls militärdienstpflichtig geworden und den militärischen Gesetzen unterworfen. Im November 1818 wurden 124 Mann aus dem Kammergut nach Kremsmünster zur Rekrutierung einberufen. 1819 erhielten 168 Landwehrmänner aus dem Kammergut den Befehl, zu einer vierzehntägigen Waffenübung und Musterung nach Vöcklabruck einzurücken.
Dem Salzamt war es wichtig, die für den Betrieb unentbehrlichen oder schwer zu ersetzenden Leute vom Militärdienst zu befreien. Auf ihre Vorstellungen trat 1820 auch wirklich eine gemeinsame Kommission, bestehend aus Vertretern des Kreisamtes, des Salzoberamtes und des Wehrbezirkskommandos zusammen, um die zur Militärbefreiung erwünschten Kategorien festzusetzen. Nach dieser Vereinbarung waren bei einem Gesamtstande von 5.530 Bediensteten 1.385 Mann zeitlich begrenzt vom Militärdienst zu befreien.
Die Salzarbeiter im Kammergut erhielten bis ins 19. Jahrhundert einen „Limitoproviant“, eine bestimmte Menge Korn und Schmalz, die zu festgesetzten, ermäßigten Preisen bezogen werden konnten. Diese günstigere Weitergabe von Lebensmitteln hatte vor allem in Krisenzeiten, als der Preis für Nahrungsmittel stark anstieg, zur Linderung der sozialen Not der Bergarbeiter wesentlich beigetragen. Andererseits lag der Grundlohn der Salzarbeiterschaft auch im 19. Jahrhundert stets unter dem der qualifizierten Fabrikarbeiterschaft. Das System der „sicheren Armut“ setzte sich also auch im 19. Jahrhundert fort: die Tätigkeit als stabiler Berg- oder Salzarbeiter war auch in Krisenzeiten eine sichere Beschäftigung, dafür mussten Abstriche bei der Bezahlung in Kauf genommen werden.
Verwendete Quellen:
Carl Schraml „Das oberösterreichische Salinenwesen vom Beginne des 16. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts“, Wien 1932
Carl Schraml „Das oberösterreichische Salinenwesen von 1750 bis zur Zeit nach den Franzosenkriegen“, Wien 1934
Carl Schraml „Das oberösterreichische Salinenwesen von 1818 bis zum Ende des Salzamtes 1850“, Wien 1936
Ischler Heimatverein „Bad Ischl Heimatbuch 2004“, Bad Ischl 2004
F. X. Mannert „Von Ischl und den Ischlern …“, Bad Ischl 2012
F. X. Mannert „Von Ischl und den Ischlern … 2.0“, Bad Ischl 2016
„Bergbau – Alltag und Identität der Dürrnberger Bergleute und Halleiner Salinenarbeiter“, Salzburger Beiträge zur Volkskunde, Salzburg, 1998