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Zwei Denkmale aus der Frühzeit des Ischler Salzbergs

Beim Abbruch der Gebäude beim Maria-Theresia-Stollen (dort befand sich die ehemalige „Fremdenbefahrung“, also der Touristenbereich) wurden zwei Steintafeln gerettet, die weit zurück in die Anfangszeit des Salzbergs weisen:


1. eine Relieftafel, 58,5 x 58,5 [1] cm, ca. 12 cm dick, mit der Darstellung des österreichischen Wappens, ohne Datierung, die über dem Eingang des 1999 abgerissenen Maria-Theresia-Berghauses eingemauert war


2. eine Inschrifttafel von 1632, 89 x 154 cm [2], ca. 18 cm dick, die seitlich neben dem Besuchereingang im Obergeschoß des 2020 demolierten Maria-Theresia-Stollengebäudes eingemauert war (im Bild rechts Mitte, von schwarzer Schutzfolie abgedeckt).


Von der Wappentafel ist kaum Sicheres bekannt. Um sie zeitlich und kunsthistorisch einordnen zu können, wurden zwei Expertisen eingeholt: zur Wappendarstellung wurde bei der „Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft ADLER“ in Wien angefragt, zur stilistischen Einordnung beim Kunsthistoriker Dr. Wolfgang Huber (ehem. Bundesdenkmalamt und Diözese St. Pölten).

Dr. Michael Göbl von der Gesellschaft „ADLER“: Grundsätzlich ist dazu zu sagen, dass auf dem Relief der Doppeladler des Kaisers des Hl. Röm. Reiches dargestellt wird. Die dem Schild aufliegende Krone zeigt einen einfachen Kronreif, wie er im 15./16 Jh. für eine stilisierte Königkrone verwendet wird. Kaiser Ferdinand I. war auch König von Böhmen und Ungarn. Es fällt auch auf, dass der Doppeladler nur ein Schwert in seinem Fang hält, in späterer Zeit kommt noch der Reichsapfel im anderen Fang hinzu. Genaue Datierungsmerkmale sind daraus aber leider nicht abzuleiten. Die Zeit mit 1562, die in die Regierungszeit von Kaiser Ferdinand I. (1558-1564) fällt, könnte daher schon richtig sein.

Dr. Huber: Aus stilistischen Gründen ist es für mich sicher keine Arbeit nach dem 17. Jahrhundert, also das 18. und 19. Jh. scheidet für mich völlig aus. Vielmehr scheint es tatsächlich aus dem 16. Jahrhundert zu stammen, ja sogar spätgotische Reminiszenzen sind auszumachen. Also die Zeit Ferdinand I. , um Mitte 16. Jh., paßt tatsächlich recht gut.

Ergebnis also: das Relief stammt tatsächlich aus den Gründungstagen des Salzbergbaues, ist also das älteste sichtbare Denkmal am Salzberg, viel älter als das erst 1783 erbaute „Maria-Theresia-Berghaus“, wo es zuletzt eingemauert war. Bleibt die Frage, wo es ursprünglich angebracht war.


Ein Wappen diente vor allem auch als Besitz-Kennzeichnung und wurde deshalb gerne an repräsentativen Gebäuden bzw. an gut sichtbaren Stellen angebracht (der Doppeladler mit dem österreichischen Bindenschild war und ist daher im kaiserlichen Salzkammergut allgegenwärtig [3]). Als erster Anbringungsort kommt daher vor allem das alte „Steinberghaus“ in Betracht, das gleich bei der Erschließung des Salzbergs ab 1563 gebaut wurde und mit Bergsäge und Bergschmiede das erste Zentrum des Bergbaues bildete. Der Zeitpunkt der Aufgabe des Steinberghauses ist nicht bekannt, vielleicht schon mit oder kurz nach der Auflassung des Neuen Steinbergstollens 1775.


[Bilder 05 und 06] Steinberghaus um 1600 und um 1715. Das Berghaus ist in der älteren Ansicht zwar als ganz aus Holz errichtet dargestellt, ein Teil davon war aber wegen der Feuergefahr sicherlich gemauert. Das jüngere Bild zeigt ein überwiegend gemauertes Gebäude. Ausschnitte aus der ältesten Bergkarte des Ischler Reviers eines anonymen Verfassers bzw. aus der Bergkarte von Hannß Wibner, datiert 1716.


Ein (jedoch größer gezeichneter) Adler über dem Eingang ist schon auf einer Zeichnung der Bergschmiede, die Maria Susanna Keßler/Laimer zugeschrieben und um 1800 datiert wird [4] erkennbar (Bild 7) , auf einem um 1840 verfaßten Plan ist die Tafel an gleicher Stelle in richtiger Größe dargestellt, das Relief könnte demnach schon beim Berghaus-Bau 1783 angebracht worden sein, das alte Steinberghaus war ja schon längere Zeit vorher verlassen worden [5].


[Bild 07] Ausschnitt aus der Zeichnung Das Perghaus zu Ischel am Salzberg, samt der Schmiten., Maria Susanna Keßler/Laimer zugeschrieben. Um 1800.


Irgendwann zwischen 1867 und 1900 wurde dem Eingang ein Windfang vorgebaut, dabei wurde das Relief ausgelöst und über der neuen Windfang-Eingangstüre eingesetzt [6].

Mehr weiß man über die zweite Tafel. Die Inschrift kündet vom Aufschlag des Frauenholz-Stollens 1610 und dem Erreichen des Salzlagers 22 Jahre später. Sie wurde zu diesem Anlaß also 1632 geschaffen, die handelnden Personen sind umständlich angeführt: beim Aufschlag regierte noch Kaiser Rudolf II., Matthias II. war schon König in Ungarn, designierter König von Böhmen und regierender Erzherzog von Österreich, Veit Spindler war Salzamtmann, Raphael Frauenholz Verweser und Georg Nutz Gegenschreiber, Andre Kalß Bergmeister und Leonhard Aßter Bergschaffer. Beim Erreichen des Salzstocks regierte hingegen Kaiser Ferdinand II., Ferdinand III. war erwählter und gekrönter König von Ungarn und Böhmen sowie Erzherzog zu Österreich, Georg Brugglacher war Salzamtmann, Johann Raffalt von Rosenthal Verweser, als Gegenschreiber fungierte noch immer Georg Nutz, als Bergmeister Andre Kalß, Bergschaffer war inzwischen Martin Kalß geworden.

Der Text führt aber vor allem auch die ungeheure Mühe vor Augen, unter der der (nach)mittelalterliche Bergbau stattfand. Die Stollenlänge vom Mundloch bis zum Salzlager beträgt gut 400 m [7], der durchschnittliche Jahres-Stollenvortrieb daher ca. 18 m bzw. 35 cm pro Woche ! Die Anfertigung der aufwendigen Gedenktafel zeigt aber auch, daß man diese Leistung auch damals schon als außerordentlich eingestuft hat [8].

Anfangs befand sich die Tafel ziemlich sicher direkt beim Stollen-Mundloch. Ein Bild von 1716 (Bild 8) zeigt neben einem zweiten, etwas höhergelegenen Mundloch eine Nische (?), dort könnte damals die Tafel angebracht gewesen sein. 1817 befand sich die Tafel noch beim Mundloch, wie Dicklberger schreibt [9], ihr weiteres Schicksal ist derzeit unklar. Die Stollenhütte des Frauenholzstollens wurde 1931 aus dem Bestand ausgeschieden, d.h. dem Verfall preisgegeben, vielleicht wurde damals die Tafel geborgen. Wann und wie sie aber an das „Maria-Theresia-Stollengebäude“ gekommen ist, bleibt momentan im Dunkeln. Die Stelle, an der sie sich zuletzt befand, ergibt eigentlich erst Sinn seit dem Zeitpunkt, an dem die Kassen, Schau- und Besucher-Umkleideräume ins Obergeschoß verlegt wurden und alle Besucher an der Tafel vorbeigingen. Ob das schon um 1934 (Verlegung der Fremdenbefahrung vom Ludovika-Stollen zum Maria-Theresia-Stollen) oder erst um 1951 passiert ist, damals wurden im EG wegen der Anschaffung einer elektrischen Grubenlokomotive verschiedene Umbauten durchgeführt, konnte bis jetzt nicht eruiert werden [10].



[Bild 8] Ausschnitt aus der Mappa des Ischlerische Saltzpergen von Pergmaister Hannß Wibner dat. 1716 (OÖ. Landesarchiv: Ischler Salzbergkarten, Sign. XXII/50rot)



[Bild 9] Situation nach der Demolierung des Stollengebäudes, also seit Herbst 2020: die Tafeln sind rechts unter dem Flugdach in einer Nische der Schwerstein-Stützmauer plaziert.


Im Zusammenhang mit der Frauenholz-Tafel sei an eine dritte Tafel bzw. an ein Bruchstück davon erinnert: Über dem Eingang zum Stollenmundloch des nahe bei der „Bergkapelle“ gelegenen Amalien-Stollens (der nächstuntere Horizont unter dem Frauenholz-Stollen) befand sich ein Bruchstück einer Tafel oder eines Gedenksteins aus dem 17. Jh., das beim Umbau der Stollenhütte wohl zufällig aufgefunden und hier eingemauert worden war. Der Text ist soweit vorhanden praktisch ident mit dem Beginn des Textes der Tafel vom Frauenholz-Stollen, die dortige Tafel hat allerdings eine andere Breite. Da die handelnden Personen und sogar sogar das Datum ident zu sein scheinen, ist am ehesten an einen aus unbekannten Gründen verworfenen Vorläufer dieser Tafel zu denken. Seit dem Abriß der Stollenhütte 1988 (? – 1989 ?) ist das Denkmal verschollen.


[Bild 10] Stollenhütte Amalia-Stollen, der Tafelrest ist über der Türe eingemauert; [Bild 11] das Tafel-Bruchstück


Quellen:


[1] 58,5 cm sind ca. 2 Salzkammergut-Fuß (1 Salzkammergut-Klafter á 1,785 m zu 6 Fuß á 29,8 cm zu je 12 Zoll á 2,485 cm), ein Zeichen für hohes Alter, da im Salinenwesen schon im 18. Jh. die Salzkammergut-Klafter durch die größere Wiener Klafter (= 1,897 m) abgelöst wurde. [2] entspricht 36 x 62 (alte) Zoll, siehe vor. [3] So in Ischl z.B. das „Kolowrat-“ und das „Franz-Karl-Sudwerk“, das „Kufhaus“, der Getreidekasten (heute evangelische Kirche) und die Salinenschmiede. [4] Kartensammlung der ÖNB: Vues III 38180; bei Grill J.: Salinenzeichner (Diplomarbeit Uni Salzburg 2008): Teil II, S. 88, Abb. 136 infolge einer Verwechslung fälschlich mit 1789 datiert) [5] Beim Bau des „neuen Steinberghauses“ („Bestandhaus“) Anfang 1822 wurde unter anderem [...] von den alten verlaßenen und verfallenen Steinberghaus die noch vorhandenen brauchbahren Quadersteine ausgeräumt (SOA, Jahresfasc. 1822, Nr. 86: 4/4 - 1821); damals war es also schon im Verfall. Der angesprochene Plan liegt im Archiv der SalinenAG mit Plannummer 12384 und stammt von Franz Xaver Kefer. [6] Ohne Vorbau dargestellt auf einem 1867 datierten Plan der Salinenverwaltung Ischl (Archiv SalinenAG), mit Vorbau auf einem gedruckten Plan im 1900 erschienenen Werk von A. Schnabel (Tafel XVII, Fig. 68). [7] Dicklberger Anton: Salinen-Geschichte Oberösterreichs (Hschr. 1817 u.a. im oö. Landearchiv; gedruckt [hgg. von Thomas Nussbaumer, Bibliothek der Provinz Weitra] 2017): S. 451: 339 Bergstabel á 1,19 m [8] Aber auch fast 200 Jahre später sah es noch nicht viel besser aus: die Jahresleistung beim Vortrieb des Leopold-Stollens (aufgeschlagen 1794) betrug 1827 auch nur gut 21 m ! (Schraml III: S. 147) [9] Dicklberger 1817: S. 450: ... beÿ deßen Mundloch befindliche in Stein ausgehauene Inschrift ...

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